Bitcoin brechen – Das Prinzip von hartem Geld

Geschrieben von Ben Kaufman

Aus dem Englischen übersetzt von Simon Lutz

In Audioform, gelesen von Keyvan Davani

Hartgeld ist einer der bekanntesten Geldbegriffe, der in vielen praxisbezogenen Diskussionen derzeit verwendet wird. Von politischen Diskursen und Entscheidungen bis hin zu den Diskussionen rund um den Finanzsektor, ist der Begriff oft genug zu hören, so dass er selbst vielen einfachen Bürgern vertraut ist. Doch obwohl der Begriff des harten Geldes eine klare Konnotation zum traditionellen fiskalischen und verantwortlichen Umgang mit dem Geldsystem hat, ist die genaue Definition trotz des häufigen Gebrauchs immer noch vage. Während er für viele lediglich ein praktischer und fast gleichbedeutender Begriff für ein goldgedecktes System ist, geht seine konzeptionelle Bedeutung eindeutig darüber hinaus. Für theoretische Diskussionen sollte daher klar sein, dass Gold zwar seit Jahrhunderten die genaueste praktische Repräsentation des Begriffs ist, aber nicht seine eigentliche Definition sein kann. Bis heute schien eine genaue Begriffserklärung, trotz der theoretischen Vorteile einer angemessenen Definition, ziemlich unnötig. Die Annahme, dass damit ein Goldsystem gemeint ist, schien für alle praktischen Zwecke auszureichen.

In den letzten Jahren wurde der Begriff jedoch auch auf die neu entstandenen Kryptowährungssysteme und vor allem auf Bitcoin angewendet. Die erneute Verwendung des Begriffs zur Beschreibung des neugeborenen Geldsystems führt zu einer offensichtlichen Verwirrung hinsichtlich seiner genauen Bedeutung. Die Frage nach was Geld “hart” macht ist somit von praktischer Bedeutung geworden. Dieser aktuelle Stand der Dinge stellt uns vor zahlreiche Fragen. Erstens: Was wäre eine zufriedenstellende Definition für die “Härte” eines Geldsystems? Dann zweitens, ob dieser Begriff geeignet wäre, um Bitcoin zu beschreiben. Und schliesslich, ob auch andere Kryptowährungen eine solche Klassifizierung verdienen. Dieser Artikel ist daher ein Versuch, die oben dargelegten Fragen zu klären. Als letzte Bemerkung sei noch erwähnt, dass sich dieser Artikel ausschließlich mit der Frage befasst, was hartes Geld ist. Die allgemeinere Frage ob ein Hartgeld-System überhaupt wünschenswert ist, ist für diesen Artikel nicht von Belangen. Interessierte Leser und Leserinnen mögen meine Antwort darauf in meinem vorherigen Artikel finden.

Was ist hartes Geld?

Wie bereits erwähnt, scheint in den Diskussionen über dieses Thema keine präzise und einheitliche Definition zu existieren. Wir müssen also zunächst eine solche Definition festlegen, wenn wir die Thematik ernsthaft angehen wollen. Unsere von nun an verwendete Definition lautet wie folgt:

Die Härte von Geld steht in umgekehrter Beziehung zur monetären Inflation, also der Ausweitung der Geldmenge welche zu einer Wertverwässerung führt und damit dem Eigentümer einen wirtschaftlichen Schaden durch Kaufkraftverlust zufügt.

Nun gibt es einige erwähnenswerte Punkte zu präzisieren, um häufige Missverständnisse bezüglich der obigen Definition zu vermeiden. In erster Linie ist zu beachten, dass die Härte von Geld wie viele wirtschaftliche Begriffe ein subjektiv empfundener Faktor ist, der durch verschiedene Ereignisse (wie z.B. technologische Verbesserungen in der Produktion, wirksame Fälschungen usw.) ständigen Veränderungen unterworfen ist. In diesem Sinne ist es ähnlich wie mit der Diskussion über die Kaufkraft von Geld, die zwar allgemein verständlich ist aber eine eher subjektive und sich ständig verändernde Metrik darstellt. Auch wenn diese Berücksichtigung die Bedeutung und den Nutzen des Begriffs sicherlich nicht entkräftet, so werden wir diese Einschränkungen und Unsicherheiten, die zwangsläufig mit seiner Verwendung einhergehen, im Auge behalten.

Der zweite zu beachtende Punkt betrifft die Frage, was genau “wirtschaftlich zugefügt werden kann” bedeutet und welche Auswirkungen sich daraus ergeben. In einfachen Worten stellt sich die Frage, wie viel von einem Geld produziert werden kann, bis dessen Wert sinkt (oder die Produktionskosten steigen, oder beides) und die Produktion nicht mehr rentabel ist. Hier können wir scharf zwischen “Warengeld” und Fiat-Geld unterscheiden. Bei Warengeld (z.B. Gold) wird das Angebot durch den Markt bestimmt und bei Fiat-Geld wird das Angebot durch die Gesetzgebung reguliert. Da das Angebot an Warengeld durch die Marktnachfrage nach diesem Geld (seinem Preis) bestimmt wird, tendieren die Produktionskosten immer dazu, dem Marktpreis zu entsprechen. Dies kommt daher, weil die Produzenten schnell dazu eilen mehr zu produzieren, wenn die Gewinnspanne größer ist und die Produktion sofort einstellen, wenn sie unrentabel wird. Auf der anderen Seite wird das Angebot an Fiat-Geld, wie die Staatsnoten die wir heute haben, nicht durch die Nachfrage geregelt, sondern durch bürokratische Prozesse und willkürliche Entscheidungen. Der Hauptunterschied, der uns hier zwischen den beiden Geldsystemen begegnet besteht darin, dass bei Ersterem die Gefahr einer Verwässerung des Vermögens vor allem mit dem technologischen Fortschritt im Produktionsprozess verbunden ist. Während bei letzterem immer die Gefahr einer massiven Verwässerung aus beliebigen willkürlichen Gründen besteht. Während also Geld aus der ersten Kategorie es wert ist die Härte zu untersuchen, so lässt uns die zweite Kategorie keinen Zweifel an ihrer “Leichtigkeit“. Es mag erwähnenswert sein, dass diese monetäre Leichtigkeit keineswegs zufällig ist, sondern vielmehr das beabsichtigte Ergebnis einer bewussten Politik, die hauptsächlich auf die Staatsfinanzierung durch Seignorage abzielt. Gemeint sind damit die monopolistischen Gewinne, die der Emittent einer Währung durch den gesetzlichen Schutz vor dem Wettbewerb des Marktes erzielt. Eine Diskussion über die wirtschaftlichen und ethischen Fragen von Fiat-Geld im Allgemeinen und der Seignorage insbesonderen, liegt nicht im Rahmen dieses Artikels. Interessierte Leser finden solche Diskussionen jedoch in “Die Ethik der Geldproduktion” von Jörg Guido Hülsmann.

Ein kurzer Exkurs in die Geschichte von hartem Geld

Bisher haben wir eine genaue Definition für den Begriff von hartem Geld gegeben und gesehen, warum es sich dabei um durch offenen Wettbewerb auf dem Markt produziertes Warengeld handeln muss. Nun werden wir die Prinzipien von hartem Geld weiter untersuchen, indem wir einige historische Geldsysteme und den allmählichen Übergang von leichterem zu härterem Geld untersuchen.

Die Geldgeschichte, einschliesslich bemerkenswerter Formen wie Salz, Muscheln und Glasperlen, ist voller Beispiele, in denen der Fortschritt von Produktionsprozessen oder sogar die Verbesserung der Handelsverbindungen für ein bestimmtes Geld, zusammen mit seinen im Vergleich zu einem anderen Geld schlechteren monetären Eigenschaften (Haltbarkeit, Teilbarkeit usw.) dazu führte, dass es schnell abwertete und schliesslich seine monetäre Rolle ganz verlor. Ein solcher Prozess wird vielleicht am besten durch den berühmten Fall der Rai-Steine auf der Insel Yap veranschaulicht. Diese Steine, die in Grösse (und Wert) von kleinen Perlen bis zu massiven 3.6 Metern Höhe reichten, wurden über Hunderte, wenn nicht Tausende von Jahren von der einheimischen Bevölkerung als Geld benutzt. Da sich die Methoden zu ihrer Herstellung während der langen Zeit ihrer monetären Verwendung nicht wesentlich verbesserten, blieb ihre Produktion über viele Jahre hinweg recht stabil, was ihren lokalen Status als hartes Geld etablierte. Mit der Ankunft der Europäer gegen Ende des 19. Jahrhunderts und mit den fortgeschrittenen Werkzeugen und Produktionsmethoden die sie mitbrachten, wurde die Produktion jedoch immer billiger und die Steine begannen rasch zu entwerten, bis sie schliesslich ihre monetäre Rolle an das westliche Geldsystem verloren. Ähnliche Fälle wurden in verschiedenen Zeiten und an vielen Orten in der Vergangenheit beobachtet. Darunter Glasperlen und Kaurimuscheln in Afrika und Amerika, sowie Salz in Europa usw.

Rai Steingeld (Photo Credits: Wikimedia Commons)

Seit Beginn ihrer Verwendung als Geld ab etwa 1000 v. Chr., waren Edelmetalle wahrscheinlich das prominenteste überhaupt. Sie wurden vor allem in Europa und Asien als gemeinsames Währungssystem verwendet und verbreiteten sich später nach der Entdeckung Amerikas und unter dem starken Einfluss der europäischen Kolonialisierung rasch auf alle anderen Kontinente. Die ganze Welt begann sich auf ein einheitliches Währungssystem für Edelmetalle, nämlich Kupfer, Silber und Gold zu bewegen. Die zunehmende Verwendung solcher metallischen Geldsysteme war zu einem grossen Teil auf ihre relativ hervorragenden physischen Geldeigenschaften wie Haltbarkeit, Tragbarkeit und Teilbarkeit zurückzuführen. Gar noch einflussreicher war jedoch die monetäre Härte, die sie im Vergleich zu allen anderen monetären Gütern im Laufe der Geschichte zeigten. Dieser jahrhundertelange Trend zur Verwendung von Metallwährung erreichte seinen Höhepunkt wohl um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, als der Goldstandard während der Belle Époque florierte. Seit dem Ende dieser Periode, um den Beginn des Ersten Weltkriegs, ist dieser Trend stark zurückgegangen. Stattdessen gibt es einen klaren Trend in Richtung von nicht einlösbarem Fiat-Geld, vor allem in Form von Papier, “Wertmarken”-Münzen und später auch seinen heutigen digitalen Repräsentationen.

Dieser Wandel von einem Metall- zu einem reinen Fiat-Standard hat seinen Ursprung in der chinesischen Erfindung von Banknoten, einer Papiernote (oder einem ähnlichen Material), die der Besitzer bei Bedarf gegen Naturalien aus einer vom Hersteller der Banknote gehaltenen Reserve einlösen konnte. Die Verwendung solcher Banknoten als zirkulierendes Tauschmittel begann um das 11. Jahrhundert mit der Jiaozi-Papierwährung und hat sich seitdem kontinuierlich auf der ganzen Welt verbreitet. Die Besonderheit dieser Praxis lag natürlich nicht in der neuen physischen Form, die das Zahlungsmittel annahm, sondern in der Tatsache, dass die Reserve, obwohl alle Banknoten bei Bedarf eingelöst werden konnten, nur einen Bruchteil der Mittel enthielt, die für die Einlösung aller Banknoten benötigt wurden — was heute im Allgemeinen als “fractional reserve banking” bekannt ist. Während diese Papierformen von Geld ursprünglich vom Privatsektor ausgegeben wurden und hauptsächlich wegen ihrer leichteren Tragbarkeit verwendet wurden (da das Mitführen von Metallmünzen mühselig war), wurden sie schnell verstaatlicht und dienten als neue Form von Staatsfinanzierung, namentlich der Seignorage. Diese wurde durch die geringen Produktionskosten und den Einsatz von Techniken wie der Teilreserve ermöglicht. Eine vollständige Untersuchung der Geschichte des Bankenwesens liegt jedoch nicht im Rahmen dieses Artikels. Für unsere Zwecke ist es wichtig zu wissen, dass sich zwar die physische Form des Geldes schon vor langer Zeit in Richtung Papier zu bewegen begann, jedoch das heutige Konzept des dauerhaft uneinlösbaren Papiergeldes eine rein neuzeitliche “Erfindung” ist. Während es zwar dem gegen Gold einlösbaren Geld ähnelt und seine Existenz wahrscheinlich solchen Praktiken wie oben beschrieben verdankt, fehlt dennoch ein historischer Präzedenzfall für dieses heutige Konzept.

Es stimmt, dass die globale Konvergenz in Richtung Metallgeld, insbesondere der spätere Übergang vom Metall- zum Goldstandard, einen wesentlichen Teil seiner Entstehung dem politischen Einfluss der Regierungen verdankt. Das massive Ausmass an interventionistischen Massnahmen, die zur Umsetzung dieses jüngsten Übergangs zu einem völlig uneinlösbaren Fiat-Standard ergriffen wurden, ist jedoch völlig beispiellos. Der Übergang von einem Metall- zu einem reinen Fiat-Geld, der wohl mit dem Ersten Weltkrieg begann, sich mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfestigte und mit der Executive Order 11615 von Präsident Nixon 1971 reifte, hat das globale Währungssystem in jeder Hinsicht verstaatlicht und politisiert. Die Folge ist ein Rückschritt in den evolutionären Tendenzen des Geldes. Von der ehemals internationalen Konvergenz auf das härteste Geld, hin zu einer Degradierung zu den billigsten Produktionsmethoden, welche für jede nationale Regierung die höchsten Seignorage-Gewinne erzeugen. So überrascht es uns nicht, dass in den letzten hundert Jahren über 50 Fälle von hyperinflationären Wirtschaftszusammenbrüchen aufgetreten sind. Was früher ein extrem seltenes Ereignis war, ist zu einer Epidemie moderner Volkswirtschaften geworden und bildet heute praktisch die einzige Einschränkung, die Regierungen von einer übermässigen Geldproduktion abhält.

Kurz zusammengefasst: Die Geschichte des Geldes zeigt uns eine Tendenz zur internationalen Annäherung der monetären Standards an das härteste Geld. Diese Tendenz hat wahrscheinlich mit dem Goldstandard des 19. Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht und wurde in den letzten hundert Jahren von politischen Kräften unterdrückt, die die Verwendung des einfachsten Geldes erzwangen — desjenigen, das unendlich oft nach Lust und Laune geschaffen werden kann. Während der Trend zu hartem Geld sich scheinbar vollständig umgekehrt hat, könnte die grosse wirtschaftliche Not und Instabilität, die durch diese Trendwende wohl verursacht wurde, auf einen nur vorübergehenden Charakter hinweisen. Es gibt also Grund zur Annahme, dass die letzten hundert Jahre nur eine kurze Abweichung im langen Trend zu härterem Geld waren.

Nichtsdestotrotz liess uns dieses letzte Jahrhundert wenig Hoffnung, dass sich die Rückkehr zum ursprünglichen Trend in Form einer erneuten Adoption des Goldstandards manifestieren könnte. Mit dem Übergang zu globalen Online-Zahlungen ist die Notwendigkeit einer zentralen vertrauten Reserve für den reibungslosen Betrieb eines solchen Systems deutlicher denn je geworden. Doch dieser Bedarf an einem zentralisierten Reservesystem ist genau der Fehler, der die politische Vereinnahmung und den letztendlichen Untergang von Gold überhaupt erst ermöglichte. Angesichts der immensen globalen Machtausweitung von Regierungen in den letzten Jahrzehnten, lassen die mit einem zentralisierten Reservesystem verbunden Risiken, eine Rückkehr zu Gold, als eine unpraktikable Option erscheinen, so wünschenswert sie in der Theorie auch sein mag. Trotz des Hindernisses, das sich aus der Beerdigung dieser früheren Option ergibt, hat der Fortschritt der Technologie eine neue Alternative in Form von Bitcoin, einer digitalen Adaption von hartem Geld, ermöglicht. Wenn dies tatsächlich eine sichere Alternative bietet, hat ein solches System wahres Potenzial zur nächsten Evolution von monetären Standards zu werden und den alten Trend zu härteren Geldformen fortzusetzen. Es ist genau diese Prämisse, welcher wir uns jetzt zuwenden.

Bitcoin als Hartgeld

Kurzgefasst: Bitcoin wurde erschaffen, um ein endgültiges und begrenztes Angebot zu haben, das in einem offenen Wettbewerb für Rechenleistung hergestellt wird. Durch das Design ist die Geldmenge auf knapp 21 Millionen bitcoins beschränkt, die nach einem vordefinierten Zeitplan in Umlauf gebracht werden können. Die Herstellung neuer bitcoin erfordert die Lösung eines kryptographischen Rätsels, wobei Wahrscheinlichkeit der Lösung in direktem Verhältnis zur aufgebrachten Rechenleistung jedes Teilnehmers steht. Wir sehen, dass Bitcoin theoretisch als hartes Geld mit einer endgültigen Härte konzipiert wurde. Sie erlaubt es nicht die Produktion fortzusetzen, was in gewissem Sinne zu einer absoluten Knappheit führt.

Während wir nun das grundlegende Verständnis für die theoretischen Garantien von Bitcoin in Bezug zur monetären Härte haben, müssen wir uns im nächsten Schritt damit befassen, wie diese Garantien in der Praxis gesichert werden sollen und welche möglichen Gefahren für sie entstehen könnten.

Die monetäre Härte von Bitcoin wird durch die Konsensregeln garantiert — der Computercode, der die Transaktionsgeschichte (in Form von Blöcken) entsprechend ihrer Gültigkeit mit diesem festgelegten Regelwerk entweder akzeptiert oder ablehnt. Diese Regeln umfassen unter anderem die Anforderung einer Lösung für das kryptografische Rätsel (den Proof of Work), eine Überprüfung die sicherstellt, dass keine Transaktion mehr bitcoin ausgibt als der Absender hat und eine Überprüfung, dass keine bitcoins über der Geldmengenlimite oder entgegen dem festgelegten Zeitplan in Umlauf gebracht wurden. Jeder Rechner, der die gesamte Transaktionshistorie bis zur Gegenwart verifiziert hat und als Ergebnis dieser Verifizierung den aktuellen UTXO-Satz (die aktuelle Liste von Bitcoin-Besitzern) führt, wird als vollwertiger Knotenpunkt (von nun an als Full Node oder Knoten) bezeichnet. Das “Bitcoin-Netzwerk” ist die Summe aller Full Nodes, die nach den gleichen Protokollregeln kommunizieren und Informationen über neue Daten (hauptsächlich Blöcke und Transaktionen) austauschen. Durch die Befolgung identischer Verifizierungsregeln und durch die Kommunikation aller Daten untereinander, wird von allen Knoten erwartet, dass sie die gleiche Ansicht des aktuellen Zustands erreichen — einen Konsens.

Eine Visualisierung wie ein Netzwerk aus 1000 Knoten in der Theorie aussehen könnte. (Credit: @StopAndDecrypt)

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Full Nodes eine Unstimmigkeit über den gegenwärtigen Zustand erreichen können — durch unterschiedliche (oder teilweise unterschiedliche) Daten oder durch Verifizierung nach anderen Konsensregeln. Der erstgenannte Fall ist in der Regel kein Problem. Er umfasst meistens Knoten, die sich im Prozess des Netzwerkbeitritts (im IBD) befinden, Knoten die noch keinen neuen Block erhalten haben und in seltenen Fällen, dass zwei sich widersprechende Blöcke unabhängig voneinander errechnet und gleichzeitig verbreitet werden. Dieser Bereich der Datenpropagierung ist zwar sehr entscheidend, betrifft aber die monetäre Härte von Bitcoin an sich nicht, weshalb wir ihn in der vorliegenden Diskussion ignorieren. Der zweite mögliche Fall — nämlich die Festlegung unterschiedlicher Konsensregeln — ist der, worin die Gefahr von Inflation liegt, weswegen wir ihn nun untersuchen werden.

Streng genommen gibt es keine “endgültigen” Regeln für Bitcoin. Es gibt zum Beispiel die ursprünglichen Regeln der ersten Bitcoin-Software Version und die Regeln der aktuellen Bitcoin Core Software. Da Bitcoin jedoch ein völlig dezentrales Projekt ist, gibt es keine Regeln, die man befolgen muss. Dies bedeutet im Wesentlichen, falls (im unwahrscheinlichsten aber technisch noch möglichen Fall) alle Teilnehmer des Bitcoin-Netzwerks ihre Regeln einstimmig ändern würden, z.B. um eine permanente Inflation zu erreichen, dies die neuen Regeln wären. Es gibt keine Kontrollinstanz, die die Benutzer daran hindern kann, eine beliebige Version der Software auszuführen. Diese Eigenschaft von Bitcoin, welche in seiner Natur als von Menschen geschaffenes digitales Gut liegt, ist wahrscheinlich der bedeutendste Unterschied zu natürlichen Gütern wie Gold und erfordert daher grosse Aufmerksamkeit bei der Beurteilung der praktischen monetären Härte.

Um zu verstehen, was die Härte der Geldpolitik und der anderen Konsensregeln von Bitcoin garantiert, sollten wir zunächst das Netzwerk analysieren, jedoch nicht als Ganzes, sondern ausgehend von den einzelnen Knoten aus denen es besteht. Was einen Full Node betrifft, so ist seine Kontrolle über die Regeln — die “Definition” von Bitcoin — absolut. Es gibt kein Verfahren, um einen Knoten zur Verwendung eines bestimmten Regelwerks zu zwingen. Genauso wenig kann ein Knoten einen anderen zwingen, seine Regeln zu akzeptieren. So kommen wir zu einer Situation, in der, beginnend mit den anfänglichen Konsensregeln der ersten Bitcoin-Software als Basisrichtlinie, alle Knoten im Netzwerk sich entweder auf den gleichen Regelsatz einstellen müssen oder die Fähigkeit verlieren, mit dem Rest des Netzwerkes Transaktionen abzuwickeln. Wenn ein Knotenbetreiber beispielsweise beschliesst sich selbst neue bitcoins “aus dem Nichts” zu prägen, so kann er seine eigenen Regeln zwar dafür ändern, allerdings um den Preis, dass er die Fähigkeit verliert seine “bitcoins” an den Rest des Netzwerks zu senden. Wenn wir davon ausgehen, dass zwei Personen ihre Regeln auf diese Weise ändern, so geben sie die Fähigkeit auf, mit allen ausser einander zu handeln. Dasselbe passiert wenn wir uns nun vorstellen, dass 10 % der Teilnehmer ihre Knoten auf die neuen Regeln ändern. Man kann sagen, dass sich das Netzwerk in zwei verschiedene Netzwerke aufteilt, die Bitcoin jeweils auf unterschiedliche Weise definieren.

Diese Animation zeigt die Vernetzung einzelner Full Nodes in der Theorie. Knoten die sich nicht an die Regeln halten, werden von Knoten mit denen sie verbunden sind geblockt. (Credit: @StopAndDecrypt)

Während die oben beschriebenen Fälle eher uninteressant sind, so drängt sich dennoch die Frage auf was den geschieht, wenn 50% oder gar 99% der Teilnehmer ihre Regeln ändern. Mit anderen Worten, was geschieht, wenn eine Mehrheit die Regeln ändert und was definiert eine Mehrheit überhaupt als solches? Da es sich bei Bitcoin im Grundsatz um ein Kommunikationsnetzwerk handelt, ist es angemessen eine “Mehrheit” dadurch zu definieren, inwiefern Teilnehmer im Stande sind miteinander zu kommunizieren (Transaktionen zu tätigen). Entgegen dem weit verbreiteten Trugschluss, spielt es keine Rolle, wie viel Rechenleistung, Marktkapitalisierung oder Transaktionsvolumen ein Netzwerk hat. Sogar noch weniger wichtig ist die Anzahl Knoten die ein Netzwerk hat, da jeder so viele Full Nodes aufsetzen kann wie er oder sie will. Die einzig relevante Messgrösse für eine Person, die sich für ein Regelwerk entscheiden muss, ist die Anzahl anderer Menschen mit denen sie Transaktionen tätigen kann. In einfacheren Worten: Wie viele andere Menschen, mit denen die Person erwartet (oder sich wünscht) Transaktionen zu tätigen, werden ihre bitcoins als gültig akzeptieren.

Die Gefahr, nicht mit anderen handeln zu können (durch unvereinbare Regeln), hält die Teilnehmer (sowohl andere Knoten als auch Miner) davon ab, die Regeln willkürlich zu ändern. Die Notwendigkeit einer solch umfassenden Koordination ist es, was Änderungen an Bitcoin, von trivialen Fehlerbehebungen bis hin zu den umstrittensten Modifizierungen, so schwierig zu implementieren macht. Jede Änderung bedeutet das Risiko, die Fähigkeit zu verlieren, mit dem Rest des Netzwerks (oder einem Teil davon) Geschäfte zu tätigen. Daher wird die theoretische Fähigkeit, solche Änderungen vorzunehmen, nur selten genutzt. Um auf unser Thema der monetären Härte zurückzukommen, ist es am wichtigsten zu verstehen, dass die Härte von Bitcoin für jeden Teilnehmer von der Fähigkeit und Wahrscheinlichkeit abhängt, ob ein ausreichend grosser Teil des Netzwerkes eine Änderung der Konsensregeln, welche die Geldmenge von Bitcoin ausweiten, koordinieren und erfolgreich durchführen kann. Es ist wichtig zu betonen, dass “ausreichend gross” einen so grossen Anteil bedeutet, dass der Verlust der Fähigkeit zur Durchführung von Transaktionen Bitcoin unbrauchbar machen würde. Dieses Mass, wie auch die Regeln von Bitcoin selbst, sind zwangsläufig subjektiv. Es sollte aber nicht schwer sein, eine grobe Einigung darüber zu erzielen, wie ein solcher Fall aussehen würde.

Der Schwachpunkt von Bitcoin

Da jeder Bitcoin Nutzer seinen eigenen Knoten betreiben kann, besteht die Einflussnahme eines Teilnehmers auf die Durchsetzung der Konsensregeln ausschliesslich in Bezug auf die Transaktionen, an denen er persönlich beteiligt ist. Ein Knoten muss zwar alle Transaktionen überprüfen, jedoch nicht um die Regeln für andere im Netzwerk durchzusetzen, sondern um feststellen zu können, ob eine Zahlung, die er selbst erhält, gültig ist oder nicht — dies ist die wirtschaftliche Aktivität eines Teilnehmers und es ist die einzige Möglichkeit, wie er die Entscheidung anderer beeinflussen kann, bestimmte Regeln anzuwenden. Wann immer man eine Zahlung in Bitcoin akzeptiert, setzt man seine Definition von Bitcoin durch, indem man die Konsensregeln vorgibt, nach denen die Zahlung akzeptiert wird.

Während wir in unserer Analyse bisher (absichtlich und implizit) davon ausgegangen sind, dass jeder Teilnehmer aktiv seine eigenen Regeln festlegt indem er einen bestimmten Programmcode mit seinem Full Node ausführt und ihn zur Überprüfung der Gültigkeit eingehender Zahlungen verwendet, ist dies jedoch nicht unbedingt (und oftmals nicht) der Fall. Es ist durchaus möglich, dass jeder die Verantwortung für diese aktive Durchsetzung der Konsensregeln delegieren kann, indem er passiv einer anderen Instanz die Validierung von Transaktionen anvertraut. Auf diese Weise delegiert der Zahlungsempfänger gewissermassen seine wirtschaftliche Tätigkeit im Netzwerk, also den Einfluss auf die Konsensregeln, an eine andere Partei, welche wiederum beliebige Regeln nutzen kann. Angenommen ich benutze einen Online-Block-Explorer, um zu überprüfen, ob ich eine Transaktion erhalten habe. So delegiere ich nun wann immer ich eine Transaktion auf diese Weise akzeptiere den Einfluss, den meine wirtschaftliche Aktivität auf die Regeln haben kann, an den Betreiber dieses Dienstes. Wenn der Betreiber beispielsweise beschliesst Regeln zu verwenden, die grössere Blöcke, neue Signatur-Arten oder (weitaus besorgniserregender) Änderungen der Inflationsrate zuzulassen, so bin ich dazu verleitet diese Änderungen gegen meine Zustimmung passiv zu akzeptieren. Darüber hinaus unterstütze ich sie sogar aktiv, indem ich meine Bereitschaft signalisiere, Transaktionen unter Verwendung dieser spezifischen Regeln zu akzeptieren.

Die blauen Punkte (z.B. Smartphone Wallets) delegieren die Verifizierung an bekannte oder auch zufällig gewählte Full Nodes ab. Sie sind keine Teilnehmer des Netzwerks, denn sie akzeptieren jegliche Information ohne eigene Überprüfung nach eigenen Regeln. (Credit: @StopAndDecrypt)

Im vorangegangenen Abschnitt sind wir zu der Schlussfolgerung gelangt, dass es zur Beeinträchtigung der monetären Härte von Bitcoin notwendig ist, eine Konsensregeländerung, mit einem ausreichend grossen Teil der aktiven Wirtschaftsteilnehmer des Netzwerks zu koordinieren (bzw. diese dazu zu überzeugen). Eine Aufgabe, die wir angesichts theoretischer Überlegungen sowohl auch praktischer (wenn auch unzureichender) Erfahrungen als ziemlich unrealistisch betrachten können. Diese Koordinierungsschwierigkeit ist nicht nur auf die dezentralisierte Struktur des Bitcoin Netzwerks zurückzuführen, sondern insbesondere auf die dezentrale oder besser gesagt selbstbestimmte Durchsetzung der Regeln über die einzelnen wirtschaftlichen Aktivitäten. Wenn jeder Teilnehmer seine Transaktionen aktiv validiert, ist es notwendig, einen sehr grossen Teil (wenn nicht sogar fast alle) zu überzeugen das neue Regelwerk zu akzeptieren, welches die Härte von Bitcoin verändert. Je weniger Teilnehmer jedoch ihre Transaktionen aktiv validieren, desto zentralisierter wird die Überprüfung der wirtschaftlichen Aktivität und desto einfacher ist es, eine solche Änderung durchzuführen.

Obwohl in der Theorie nichts die Nutzung eines Full Node durch jeden Teilnehmer verhindert, so gibt es in der Praxis verschiedene Hindernisse für den Betrieb und die Nutzung eines Full Node. Das wohl bedeutendste Hindernis ist die technische Komplexität der Bedienung eines solchen Knotens, die für viele immer noch eine sehr anspruchsvolle Aufgabe ist. Darüber hinaus gibt es Probleme, die sich aus der Größe der Transaktionshistoriendaten ergeben. Diese Zunahme an Daten wirkt sich sowohl auf die anfängliche Zeit aus, die für den Beitritt zum Netzwerk benötigt wird, als auch auf die für einen aktiven Knoten notwendigen Hardwareanforderungen, welche den Unterhalt immer teurer werden lassen. Diese Probleme (und möglicherweise verschiedene andere) sind zwar wahrscheinlich beherrschbar, können aber, wenn sie nicht im Auge behalten werden, zu einer so gefährlich grossen Zentralisierung der Zahlungsverifizierung führen, dass die durch das theoretische Design von Bitcoin garantierte monetäre Härte potenziell zunichte gemacht werden könnte.

Zunehmende Zentralisierung eines Netzwerks im Laufe der Zeit. (Credit: @StopAndDecrypt)

Das größte Risiko für die Härte von Bitcoin liegt daher in der Zentralisierung der Zahlungsüberprüfung. Falls ein ausreichend grosser Teil des Netzwerks nur einige wenige Dienstleister für die Validierung ihrer Transaktionen nutzt, besteht theoretisch die Chance, dass diese Dienstleister eine Änderung der Geldmenge von Bitcoin koordinieren und dabei die unbewusste aber dennoch wirtschaftlich aktive Unterstützung aller haben, die sie zur Annahme von Bitcoin-Zahlungen nutzen. Es ist wahr, dass du in der Lage bist dich an die originalen “Hartgeldregeln” zu halten, solange du deinen eigenen Full Node nutzt. Wenn aber ein signifikant grosser Teil des Netzwerks (mit oder ohne Kenntnis der Änderung) zu einem inflationären Regelwerk übergeht, verlierst du die Fähigkeit mit ihnen Geschäfte zu tätigen und damit den Nutzen der Verwendung von Bitcoin. Bevor wir zur Schlussfolgerung über die Härte von Bitcoin kommen, sollten wir uns noch mit der Frage befassen, ob andere Kryptowährungen als hartes Geld bezeichnet werden können und was Bitcoin von allen anderen unterscheidet.

Was ist mit “Shitcoins”?

Entgegen der ständigen Behauptungen von fast allen “Blockchain-basierten” Shitcoins, kann keiner davon als hartes Geld betrachtet werden. Es gibt zwar viele verschiedene Implementierungen dafür, wie eine dezentralisierte Blockchain funktionieren kann (PoW/ PoS, etc.), aber sie alle müssen sich auf dasselbe oben erläuterte nutzerseitige Zahlungsüberprüfungsmodell stützen. Im Gegensatz zu Bitcoin machen sie jedoch alle entweder nur Lippenbekenntnisse oder ignorieren die Bedeutung der selbstständigen Festlegung der Konsensregeln sogar völlig. Das heisst, dass sie alle dazu tendieren, die Gestaltung und Durchsetzung der Konsensregeln zu zentralisieren. Einige Projekte haben mit wenigen Ausnahmen eine Art zentrale Autorität, an welche die meisten Entscheidungen über die Regeln delegiert werden (was auch immer explizit oder implizit geschieht). Andere vernachlässigen die Notwendigkeit, die Fähigkeit aufrechtzuerhalten, einen vollständigen Knoten so zugänglich wie möglich zu machen und führen so zu einer Zentralisierung der Zahlungsüberprüfung. Wieder andere versuchen einen “Governance”-Prozess einzurichten , wobei willkürliche Änderungen der Konsensregeln eine Frage der Formalität sind.

Ich sollte betonen, dass ich nicht von allen “ Blockchain-Projekten” oder Projekten mit dezentraler Governance spreche. Wogegen ich mich ausspreche ist die oft gehörte Behauptung verschiedener Token, dass sie als hartes Geld betrachtet werden sollten, während in der Praxis ihre Geldmenge willkürlich verändert werden kann und regelmässig verändert wird. Wie oben definiert, steht die Härte von Geld in umgekehrter Beziehung zur monetären Inflation, also der Ausweitung der Geldmenge welche zu einer Wertverwässerung führt. Bei digitalen Vermögenswerten, die entweder auf einer zentralisierten (oder halb-zentralisierten) Zahlungsverifizierung beruhen oder einen klaren und einfachen Prozess zur Änderung der Konsensregeln haben, kann nicht einmal der Hauch von hartem Geld bestehen. Die potentielle Inflation, die ihnen zugefügt werden könnte ist unendlich — sobald man die “Geldpolitik” eines digitalen Vermögenswerts manipulierbar ist, gibt es praktisch keine Grenze mehr, wie viel davon geschaffen werden kann und es kann nicht mehr als härteres Geld angesehen werden als jedes der Fiat-Geldsysteme.

Hier wird nicht behauptet, dass der derzeitige Zustand von Bitcoin perfekt ist oder auch nur annähernd so aussieht. Natürlich gibt es auch im Bereich von Bitcoin viel unerwünschte Zentralisierung der Verifikation und noch besorgniserregender ist die weitläufige Ignoranz gegenüber der Bedeutung von selbstsouveräner Verifikation. Der Hauptunterschied ist jedoch das Beharren der “Bitcoin-Aktivisten” auf die Förderung der Verwendung von Full Nodes. Beispiele hierfür sind die Bemühungen der Core-Entwickler, die Knoten selbst auf so schwachen und erschwinglichen Computern wie einem Raspberry Pi funktionsfähig zu halten. Des Weiteren gibt es eine ganze Reihe von Projekten, die verschiedene Optionen für den Betrieb eines Full Nodes bieten, von einem Plug-and-Play-Computer bis hin zu kompletten Do-it-yourself Lösungen. Das Ökosystem, das sich der Förderung und Vereinfachung der Verwendung von Bitcoin-Knoten widmet, ist sowohl sehr bedeutend als auch schnell wachsend und die lose Gemeinschaft legt wie kein anderes Projekt grossen Wert auf dieses Thema.

Selbstgebauter portabler Bitcoin Knoten, mit dem sich andere Verbinden können.

Darüber hinaus und nicht weniger wichtig ist die Tatsache, dass Bitcoin als “erstes seiner Art” als grundlegende Konsensregel nicht nur für einen einzelnen Vermögenswert, sondern für die allgemeine digitale Wertübertragung dient. Bitcoin ist im Prinzip ein Protokoll oder sogar (in seinem grundlegendsten Sinne) eine Idee für ein “Peer-to-Peer Electronic Cash System”. Wie wir gesehen haben werden die Regeln individuell und unabhängig von Benutzern bestimmt, was bedeutet, dass in gewissem Sinne alle anderen Implementierungen eines solchen Systems als Versionen von Bitcoin, jedoch mit einem vollständig modifizierten Regelwerk angesehen werden könnten. Berücksichtigt man das, so signalisiert allein die Tatsache, dass diese anderen “Bitcoins” ein so verändertes Regelwerk und eine wesentlich abweichende Geldpolitik haben, die relative Formbarkeit ihrer Regeln. Diese sind von den ursprünglichen Basisregeln in einer sehr inkompatiblen Weise und ohne wirklichen (monetären) Grund (wie z.B. eine Notfalländerung aufgrund eines Fehlers) abgewichen. Man kann sagen, dass diese anderen Coins, die zumindest im monetären Bereich lediglich eine Replikation des Bitcoin-Modells sind, ihre mangelnde Härte bereits durch ihre blosse Schaffung als willkürliche Abweichung vom Bitcoin-Hauptprotokoll bewiesen haben. All diese Coins mögen sehr wohl signifikante Unterschiede zu Bitcoin und verschiedene andere “Anwendungsfälle” aufweisen, aber im Hinblick auf die Tatsache, dass es sich um ein Hartgeldsystem handelt, haben sie alle mit einem Rückstand gegenüber dem “Bitcoin Standard” begonnen.

Zum Thema Programmfehler / Bugs

Bevor wir unsere Erörterung abschliessen, müssen noch einige Bemerkungen gemacht werden. Erstens, während wir bisher die Härte von Bitcoin aus der Durchsetzung der Konsensegeln betrachtet haben, müssen wir einen weiteren Vorbehalt anmerken. Bitcoin ist eine Software und wie jede Software kann sie Fehler haben und hatte auch (und möglicherweise immer noch) Fehler. Es stimmt zwar, dass solche Fehler eine unerwartete Inflation verursachen könnten, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie ernsthafte Auswirkungen auf die Härte von Bitcoin haben.

Um zu verstehen, warum, können wir die möglichen inflationären Fehler in kleinere (1, 10 oder sogar 100.000 Bitcoin — wie es bei CVE-2018–17144 hätte passieren können) und grössere Fehler (wie eine Inflation von 184 Milliarden Coins) unterteilen. Kleinere Bugs könnten tatsächlich eine gewisse Inflation bewirken, was technisch gesehen den Kerngedanken der begrenzten Geldbasis untergraben würde. Da sie jedoch schnell behoben werden können, würden ihre Auswirkungen auf das Gesamtvorkommen langfristig effektiv unbedeutend sein. In einfacheren Worten mögen sie den Bestand an Bitcoin in geringem Umfang zwar erhöhen, jedoch untergraben sie die Garantien für den bevorstehenden erwarteten Zufluss neuer Coins nicht.

Was die grossen Bugs betrifft, so könnte diese zwar das zwischenzeitliche Vertrauen in den Erfolg von Bitcoin untergraben. Jedoch würden rückwirkend umgesetzte Gegenmassnahmen die Auswirkungen eines solch klaren Verstosses gegen den verfassungsmässigen Präzedenzfall des begrenzten Angebots aufheben und die Natur von Bitcoin erfolgreich bewahren. Solche Massnahmen wären absolut notwendig, um den Wert der Geldbesitzer und den Nutzen des Netzwerks selbst zu erhalten. Tatsächlich ist genau dies der Verlauf der Ereignisse, der sich nach einem katastrophalen Bug im Jahr 2010 ereignet hat. Wie wir bereits früher festgestellt haben, trägt die mangelnde Formbarkeit der Regeln des Netzwerks zu seiner Härte als monetäres Medium bei. Hier zeigt sich jedoch, dass auch das genaue Gegenteil der Fall ist: Es ist die Fähigkeit des Netzwerks sich zu entwickeln, um die Nutzer zu schützen, indem jeder einzelne von ihnen in seinem eigenen Interesse handelt und die harte Obergrenze von 21 Millionen verteidigt.

Schlussfolgerung

Während des gesamten Artikels haben wir das Grundprinzip von hartem Geld und seine Beziehung zu Bitcoin analysiert. Wir haben gesehen, dass aus theoretischer Sicht, die übliche Beschreibung von Bitcoin als “das härteste Geld aller Zeiten” durchaus verdient ist. Aus praktischer Sicht hängt die Stichhaltigkeit dieser Aussage aber in hohem Masse von der Ausübung der Souveränität durch die Nutzer ab — die Verwendung vollständiger validierender Knotenpunkte zur Verifizierung und Akzeptierung von Transaktionen.

Nutze deinen eigenen Full Node!

Für die Härte von Bitcoin ist es notwendig, dass möglichst viele Wirtschaftsteilnehmer ihren eigenen Knoten nutzen. Viel wichtiger als diese “kollektive” Notwendigkeit der Selbstständigkeit, sind jedoch die “individuellen” Gründe, einen Full Node zu betreiben.

Wenn du deine eigenen Transaktionen wie oben erwähnt nicht verifizierst, sondern einer anderen Partei vertraust, dann akzeptierst du blindlings jede Definition, welche diese Partei von Bitcoin hat. Es kann sehr wohl sein, dass sie Transaktionen nach Regeln verifizieren, die mit den meisten anderen Netzwerkteilnehmern nicht kompatibel sind. Ausserdem kann es sein, dass sie überhaupt nichts wirklich verifizieren und dir nur willkürlich gefälschte Daten vorlegen. Es ist natürlich sehr unwahrscheinlich, zumindest im derzeitigen Stadium von Bitcoin, dass etablierte Dienstleister das Risiko eingehen ihre Kunden zu verlieren, indem sie ihnen falsche oder irreführende Daten zur Verfügung stellen (obwohl wir solche Fälle vor allem bei Bitcoin Cash und Segwit2X bereits gesehen haben). Es mag durchaus in Ordnung sein, gelegentlich die Hilfe solcher Dienste in Anspruch zu nehmen, insbesondere bei kleinen Zahlungen.

Der wichtigste Punkt den man sich merken sollte ist, dass man sich durch die Delegierung der Überprüfung von Zahlungen erheblichen Risiken aussetzt, während man gleichzeitig potenziell die Härte der Regeln von Bitcoin schwächt. Ich würde von der Nutzung solcher Dienste nicht ganz abraten, jedoch denjenigen die Bitcoin entweder häufig oder mit grossen Beträgen nutzen, sowie allen, die sich um ihre Privatsphäre und Sicherheit kümmern dringend empfehlen, die Anstrengung zu unternehmen und eine passende Full Node-Lösung zu finden, die ihren Bedürfnissen entsprechen. (Siehe unten für eine Orientierungshilfe).

Auch wenn der Ratschlag einen Full Node zu verwenden oft gehört wird, kann er nicht stark genug betont werden. Es ist ein wesentlicher Teil der Verwendung von Bitcoin — denn ohne die Verwendung eines Full Node weiss man nicht einmal, ob man wirklich Bitcoin verwendet.

Wie man einen Full Node nutzt

Bis zu diesem Punkt haben wir uns mit der grundlegenden Frage beschäftigt, warum ein Knoten betrieben werden sollte. Nun ist es Zeit, uns, der nicht weniger wichtigen Frage zuzuwenden, wie er verwendet wird. Wir beginnen damit, ein paar weit verbreitete Missverständnisse hinsichtlich der Anforderungen, die für den Betrieb eines vollständig validierenden Knoten erforderlich sind, auszuräumen. Gegenwärtig beträgt der minimale Speicherplatz für den Betrieb eines Full Node nicht mehr als 10GB. Wie wenig das ist wird durch die Tatsache veranschaulicht, dass man eine 16GB SD-Karte für weniger als 5 Euro findet. Die meisten Smartphones werden heute bereits mit mindestens 32GB ausgeliefert und für viele ist es möglich, mit solchen SD-Karten den Speicherplatz zu ergänzen. Es stimmt zwar, dass die Speicherung der gesamten Transaktionshistorie (~300GB Stand Jan. 2020) wünschenswert wäre, jedoch ist dies nicht notwendig um einen sicheren und vollständig verifizierenden Knoten zu betreiben. Dies sollte also kein Vorwand sein, um keinen zu verwenden.

Ein weiterer häufiger Irrtum ist der angebliche Bedarf an starker Rechenleistung. Dieses Missverständnis resultiert in der Regel aus der Verwechslung zwischen einem Bitcoin-Miner und einem Full Node. Es ist zwar richtig, dass für den Betrieb von (profitablem) Bitcoin-Mining teure Spezialhardware erforderlich ist, aber für den Einsatz eines vollständigen Knotens ist dies überhaupt nicht der Fall. Zum Betrieb eines vollständig validierenden Knotens reicht bereits ein kleines Raspberry Pi oder einfach nur dein Desktop, Laptop oder Smartphone.

Die letzte Sache zu klären ist die angebliche Komplexität der Bedienung eines Full Node. Man muss zugegeben, dass der Betrieb im Moment wahrscheinlich nichts ist, was auch deine Großmutter tun kann. Das war jedoch für die Nutzung von Smartphones und Webbrowser auch mal der Fall. Während es gegenwärtig sicherlich einfacher ist einen Webbrowser als einen Knoten zu benutzen, so sollten wir daran denken, dass Bitcoin nicht nur was Neues ist, sondern einen kompletten Paradigmenwechsel in der Verwendung von Geld mit sich bringt. Ja selbst die Umsetzung der Idee von Bitcoin selbst wurde jahrzehntelang als eine praktisch unlösbare Herausforderung angesehen. Im Vergleich dazu ist die Herausforderung, ein Ökosystem von benutzerfreundlichen Full Node-Lösungen aufzubauen äusserst gering. Die Tatsache, dass wir bereits so weit gekommen sind stimmt mich zuversichtlich, dass die Herausforderung der Entwicklung benutzerfreundlicher Knoten kein wirkliches Hindernis sein wird. Es ist auch erfreulich zu sehen, wie sehr sich die Benutzerfreundlichkeit von Full Nodes in den letzten 10 Jahren verbessert hat. Ohne jegliches Budget, allein durch die freiwilligen Beiträge von Enthusiasten, wurden bereits Dutzende von Lösungen für verschiedene Zielgruppen geschaffen.

Im Folgenden werde ich einige der derzeitigen Optionen auflisten. Ich muss jeodoch darauf hinweisen, dass diese Liste unvollkommene Optionen enthalten könnte und die eigene Nachforschung hinsichtlich der Qualität und Integrität der Angebote nicht ersetzt.

Die wahrscheinlich einfachste Lösung für alle, die mit der grundlegenden Verwendung eines Computers vertraut sind, ist die Verwendung der Bitcoin Core Software. Obwohl die Benutzeroberfläche nicht die schönste ist, ist die Software einfach zu installieren und zu benutzen. Ausserdem ist sie die am weitesten verbreitete Bitcoin Software und stellt die Referenzimplementierung dar. Derzeit ist die fehlende direkte Hardware-Wallet Unterstützung für viele in der Praxis jedoch noch ein Hindernis. Weitere Informationen findest du unter den folgenden Links:

Eine weitere Möglichkeit ist die Verwendung von Bitcoin Core durch eine andere Anwendung. Es gibt einige solcher Projekte, die Bitcoin Core für dich installieren und einrichten. Diese sind vielleicht nicht unbedingt einfacher als die normale Bitcoin Core-Installation, sie bieten aber alle mehr Funktionen, wie z.B. Tor-Unterstützung / Lightning Network Setup / Coin Mixing und andere nützliche Funktionen:

  • Node Launcher — Bitcoin und Lightning One-Click-Setup-Tool, einschließlich nützlicher Lightning-Tools und Leitfäden.
  • RaspiBlitz — Full Node basierend auf einem Raspberry Pi mit Lightning Integration.
  • MyNode — Ähnlich wie der Raspiblitz, jedoch mit einer etwas benutzerfreundlicheren Oberfläche und integrierten Funktionen wie einem Blockexplorer und einem Electrum Server zur Unterstützung von Hardware-Wallets.
  • Lightning In A Box — Bitcoin und Lightning Node mit BTCPayServer vorinstalliert und konfiguriert.
  • BTCPi — Eine günstigere aber ähnliche Version von Lightning In A Box, die vom selben Hersteller verkauft wird.
  • BitBoxBase (noch nicht veröffentlicht) — Dieser Full Node enthält Sicherheitselemente zum Schutz des Bitcoin Wallets, eine ansprechende Benutzeroberfläche , einen Lightning-Node und Tor-Unterstützung.

Für die technisch versierten Anwender, die sich die Hände gerne schmutzig machen oder einfach nur Geld beim Einrichten eines eigenen Knotens sparen wollen:

  • RaspiBolt — Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Einrichten eines Bitcoin-Nodes mit Lightning Unterstützung unter Verwendung von kostengünstigen Komponenten.
  • RaspiBlitz — Die Selbstbauversion des RaspiBlitz. Kostet ca. 150 Euro für die Hardwareteile und liefert die gleichen Ergebnisse wie die vorgefertigte Option.
  • MyNode — Ähnlich wie der RaspiBlitz, bei dem man aus selber bestellten Teilen seinen eigenen Knoten bauen kann. Die Basissoftware wird kostenlos zur Verfügung gestellt, kann aber mit einem Klick auf die kostenpflichtige Premiumversion erweitert werden. Diese enthält u. a. BTCPayServer, Samourai Whirlpool, Mempool.Space und VPN Support.
  • RoninDojo — DIY Samourai Dojo mit Bitcoin Full Node, Tor und Whirlpool Coinjoin Unterstützung.

Es gibt auch mehrere Smartphone Full Node Optionen:

  • ABCore — Verwendet Bitcoin Core und bietet eine Schnittstelle zur Nutzung der Android-App als Full Node.
  • HTC Exodus — Ein HTC Smartphone mit einem eingebauten Bitcoin Full Node, einem Hardware-Wallet TEE-Element und weiteren dazugehörigen Funktionen.
  • Bis heute gibt es keine iOS-kompatible Möglichkeit, einen Full Node zu nutzen. Die Anwendung Fully Noded ermöglicht es jedoch, sich mit dem eigenen Knoten zu Hause zu verbinden und ihn unter iOS aus der Ferne zu verwenden.

Ein Hinweis zum Key-Management:

Es ist wichtig zu beachten, dass viele der hier vorgestellten Lösungen dem Benutzer zwar eine Bitcoin Wallet zur Verfügung stellen, viele jedoch (entweder nur oder standardmässig) eine “hot” Wallet verwenden, d.h. eine Wallet, die auf einem mit dem Internet verbundenen Rechner gespeichert ist. Dies gilt als relativ unsichere Praxis. Viele Benutzer entscheiden sich daher für die Verwendung von Hardware-Wallets (wie Trezor, Ledger und ColdCard). Obwohl das Key-Management so viel sicherer ist, wird der Nutzen aus der Verwendung solcher Hardware-Wallets erheblich beeinträchtigt, wenn sie nicht in Verbindung mit einem vollständig validierenden Knoten verwendet werden. Während die meisten Hardware-Wallets keine (einfache) Integration mit dem Full Node eines Nutzers bieten, gibt es ergänzende Lösungen, die für eine solche Unterstützung entwickelt wurden:

  • Bitcoin-Core HWI — Eine User Interface für die Interaktion mit vielen Arten von Hardware-Wallets, welche zur Verifizierung mit Bitcoin Core verbunden werden können.
  • Electrum Personal Server — Ermöglicht die Anbindung von Electrum Wallet an einen Bitcoin Full Node. Unterstützt verschiedene Funktionen, einschliesslich der Integration von Hardware-Wallets, Multisig-Wallets usw.
  • YetiCold —(Warnung: Noch im Beta-Stadium) Ein eigenständiges, einfach zu bedienendes Multisig-Setup-Protokoll, das darauf abzielt, Vertrauen und verschiedene Angriffsvektoren zu minimieren.

Besonderer Dank geht an Ben Prentice (mrcoolbp), Bezant Denier (bezantdenier), Daniel Wingen (danielwingen), The Bitcoin Observer (festina_lente_2), Thib (thibm_), Simon Lutz (simonlutz21) und Stefanie von Jan (stefanievjan) für das zahlreiche Feedback, das ich durch ihre Rückmeldungen, Kommentare und Vorschläge erhalten habe und das mir geholfen hat, diesen Artikel zu gestalten.

Für die Visualisierungen des Netzwerkes danken wir @StopAndDecrypt